Mexiko – Volksstamm der Raramuri / Tarahumara
Geschichte und Verbreitung der Tarahumara
Heute gibt es in Mexiko noch etwa 50000 bis 60000 Tarahumara, in abgeschiedenen Bergregionen im Bundesstaat Chihuahua. Sie leben in kleinen Gemeinschaften, im Einklang mit der Natur und unabhängig von der mexikanischen Regierung.
Die Begründer der Tarahumarakultur kamen vor ca.15.000-20.000 Jahren über die Behring-Straße, vermutlich aus dem mongolischen Raum. Sie waren Jäger und Sammler. Im 1. Jahrhundert mischten sich die Tarahumara mit den Azteken und wurden sesshaft. Die Entwicklung einer Hochkultur begann. Ihre kulturelle Blütezeit hatte dieses Indiovolk im 14. Jahrhundert. Sie lebten damals im Einklang mit ca. 90 anderen Stämmen. Die Tarahumara waren Bauern und Händler. Als im 16. Jahrhundert die Spanier das Land eroberten, wurden die Indios versklavt und zur Arbeit in den Silber- und Goldminen gezwungen. Im Zuge der Christianisierung im 17. Jahrhundert lehnten sich viele Indios gegen die Eroberer auf. Es kam zu blutigen Schlachten, bei denen viele Tausend Tarahumara ihr Leben ließen. Viele flohen in immer entlegenere und unzugängliche Gebiete, in denen ihre Nachkommen noch heute leben.
Im Jahre 1825 erließ die mexikanische Regierung ein Gesetz, dass das fruchtbare Land, auf dem viele Tarahumaraindios siedelten, zur freien Verfügung freigab. Das lockte viele landlose Mexikaner an, die die Indios abermals von ihrem Land vertrieben.
Die Tarahumara nennen sich selbst Raramuri, was in ihrer indigenen Sprache „Läufer“ bedeutet.
Kultur und Bräuche
Die Tarahumara bauen hauptsächlich Mais, Bohnen und Kartoffeln an, die Hauptbestandteile ihrer Nahrung. Fleisch steht selten auf ihrem Speiseplan, und wenn, dann nur in Form kleiner Nagetiere oder proteinreicher Schmetterlingslarven. Sie haben sich ihre alte indigene Sprache bis heute bewahrt. Die Religion und Kultur der Indios ist eine Mischung aus christlichen und portugiesischen Elementen und alten Naturreligionen. Die angebeteten Gottheiten dieser zweitgrößten ethnischen Gruppe Nordmexikos sind Sonne, Mond und Regen. Außergewöhnlich ist die auffallende Kleidung der Tarahumara. Die Frauen tragen weite, knallbunte Faltenröcke und großgemusterte Blusen. Vor den oftmals niedrigen Temperaturen in den Bergregionen schützen warme Ponchos und Kopftücher. Die traditionelle Bekleidung der Männer ist weniger auffällig, sie tragen weiße, weite Lendenhosen und einfarbige Blusen. Das Schuhwerk der Raramuri besteht aus traditionellen, aus Lederbändern gefertigten Sandalen.
Berühmt sind die filigranen Flechtarbeiten der Frauen. Aus Kiefern¬nadeln und Rauschopf-Agaven flechten sie Körbe, die über die Grenzen Mexikos hinaus Anerkennung finden. Auch im Töpfern und Weben ist das Volk sehr geschickt.
In ihrer Kultur sind Männer und Frauen gleichberechtigt. Konkurrenzdenken ist ihnen relativ fremd. Nahrungsmittel und erwirtschafteter Überfluss wird in der gesamten Gemeinschaft geteilt.
Das Volk der Läufer
Tief verwurzelt in der Kultur der Raramuri ist der Langstreckenlauf. Die, mehrmals im Jahr stattfindenden, Wettkämpfe im Laufen, sind der wichtigste spirituelle Teil ihrer Existenz. Dabei legen die Läufer oft Strecken von bis zu 200 km durch zerklüftetes Bergland zurück. Sie laufen barfuß oder nur mit ihren leichten Ledersandalen. Dabei kicken sie einen hölzernen Ball von der Größe eines Apfels vor sich her. Früher jagten die Jäger auf diese Weise Wildschweine und andere Tiere die Berghänge hinauf, bis diese so erschöpft waren, dass sie mit der bloßen Hand erlegt werden konnten.
Während dieser Rennen findet immer ein riesiges Fest statt, bei dem die ganze Gemeinschaft ausgiebig mit großen Mengen Maisbier feiert.
Das Leben der Raramuri heute
Die Raramuri leben heute als Halbnomaden in großen Familienverbänden zusammen. Ihre Rancherias, kleine Lehmhäuser oder Holzbauten, befinden sich stets in Rufweite zueinander. In den Gemeinden gibt es einen demokratisch gewählten Vorstand, der für die Schlichtung von Stammesstreitigkeiten zuständig ist. In den Sommermonaten ziehen sie meist in höher gelegene Bergregionen. Da es in den zerklüfteten Kupferschluchten Mexikos, in denen sie siedeln, kaum Zugänge durch Straßen gibt, ist ihr Leben nach wie vor sehr zurückgezogen. Schulen gibt es wenig und die medizinische Versorgung ist minimalistisch.